Die EU-Kommission legt den Entwurf eines neuen Datenschutzrechts vor, doch ist dieser sehr undifferenziert. Es trifft vor allem kleine europäische Online-Teilnehmer - statt internationale Konzerne (Facebook, Google...) , für die es eigentlich gedacht war.
Die von der EU unter der Kommissarin für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, Viviane Reding, diskutierten Regeln scheren alles über einen Kamm: Kleine Nischen-Onlineshops, Firmenwebsites mittelständischer Unternehmen oder globales Social-Network - für alle sollen schon bald die exakt gleichen Regeln gelten.
An sich bezweifelt niemand die Notwendigkeit neuer - und endlich einheitlicher - Datenschutzregeln. Nicht umsonst haben Google oder Facebook ihren europäischen Firmensitz in Irland, wo weit nachlässigere Datenschutzbestimmungen gelten, als in allen anderen EU-Statten.
Doch mit dem Entwurf in der jetzigen Form würde die EU exakt an den eigentlichen Adressaten des Gesetzes, den großen Datenkraken Facebook, Google usw. vorbeizielen und stattdessen die eigene Online-Industrie und alle europäischen Teilnehmer am Online-Markt hart treffen.
Undifferenzierte und unklare Geltung
Unabhängig davon, um welches Unternehmen es geht, wie es Daten verarbeitet, und wie sensibel diese sind - es sollen keine Daten mehr ohne ausdrückliche Zustimmung verarbeitet werden dürfen.
Namentliche Personenprofile (wie etwa auf Facebook) würden gleich behandelt wie nur pseudonyme Daten (wie etwa Interessenzuordnungen bei Newsletterempfängern). Schon ein nur versehentlicher Verstoß ohne gravierende Auswirkungen könnte eine Strafe in Millionenhöhe nach sich ziehen.
Unklare Begriffe könnten es zudem erschweren, die Gesetze überhaupt einzuhalten. Gleichzeitig steigt die Angst vor Klagen durch den Verbraucher.
Online-Werbung könnte künftig unmöglich sein
Falls die Verordnung in Kraft tritt, wäre eine Einwilligung zur Datenverarbeitung im Rahmen einer allgemeinen Datenschutzerklärungen nicht mehr gültig.
Alltägliche Werkzeuge des Online-Marketings, wie etwa das Anlegen von Kundenprrofilen, Auswertungen des Kundennutzungsverhaltens, das Bestimmen von Klickraten, Targeting und Retargeting sowie das Nutzen von Cookies wären dann kaum mehr möglich.
Einer der wenigen aufstrebenden Märkte im EU-Raum würde damit abgewürgt.
Recht auf "digitales Vergessen" und Datenportabilität
Positiv zu sehen ist das Recht auf "digitales Vergessen": Daten, die ein Nutzer löscht, müssen auch tatsächlich im Netz eliminiert werden.
Hingegen würde der bürokratische Aufwand für die verlangte "Datenportabilität" immens sein. Für den Wechsel zwischen sozialen Netzwerken kann das sinnvoll sein, nicht aber zB. bei Online-Shops. Es wären zudem unzählige Schnittstellen zwischen den Systemen nötig.
Nachteile für kleine Firmen und Konsumenten
Für kleine Unternehmen - und diese stellen ja das Rückgrat der europäischen Wirtschaft dar - wäre der Aufwand durch die Gesetze enorm. Für viele Geschäftsmodell vielleicht zu groß. Die großen Konzerne außerhalb der EU, die ja eigentlich mit dem Gesetz "getroffen" werden sollen, können sich einen Rechtsstreit mit der Kommission hingegen locker leisten - für sie wäre das nur eine finanzielle Frage.
Wenn aber die europäischen Firmen mit ihren Online-Diensten kein Geld mehr verdienen können, müssten Sie Ihre Leistungen teurer machen, um überleben zu können. Bezahlen müsste dies dann der Konsument und Nutzer der Leistungen. Die europäische Informations- und Kommunikationsbranche insgesamt würde damit geschwächt werden.
Jetzt aktiv werden!
Jetzt ist die letzte Chance, dieses unausgegorene Gesetz noch abzuwenden. Alle Online-Marktteilnehmer sollten ihre politischen Vertreter in den Wirtschaftparlamenten und Kammern über ihre Unzufriedenheit mit diesem gestezesentwurf in kenntnis setzen und eine Regelung verlangen, die wirtschaftlich sinnvoll ist. Wer sich jetzt nicht regt, muss die nächsten 20 jahre mit dem beschlossenen Gesetz leben!